Ep. 101 - Schwere Aortenstenose und pulmonale Hypertonie
- norbertaeppli
- 8. Mai 2023
- 2 Min. Lesezeit
Aktualisiert: 2. Juli 2023
Hallo zusammen
Heute etwas aus vergangener Woche und zwar eine Einleitung einer doch ordentlich kranken Patientin, welche einen grossen Challenge geboten hat.
Es war eine Patientin, welche aufgrund eines septischen Hüftgelenks eine Prothese erhalten sollte. Als Komorbidität hatte sie unter anderem eine schwere Aortenstenose, eine schwere pulmonale Hypertonie sowie ein normokardes Vorhofflimmern. Insbesondere die ersten zwei genannten Diagnosen können einen relevanten Einfluss auf die Hämodynamik während der Einleitung generieren. Wenn das Vorhofflimmern auch noch tachykard wird, dann steckt die Karre noch mehr im Dreck.
Doch ein Thema nach dem andern…
Schwere Aortenstenose in der Anästhesie
Das Thema wurde bereits in mind. einer vergangenen Episode besprochen -> Episode 66
Die schwere Aortenstenose in Verbindung mit dem tachykarden VHL erschwert die Situation aus mind. 2 Gründen
Eine (schwere) Aortenstenose ist sehr abhängig von einer langen Auswurfphase, heisst je tachykarder um so weniger kann der Ventrikel vorwärts Pumpen (Schlagvolumen / Cardiac Output sinken)
Bei einem VHF fehlt die Vorhofkontraktion und somit ein erheblicher Teil der aktiven Ventrikelfüllung. Der Ventrikel wird somit mehrheitlich passiv gefüllt. Somit hat ein tachykardes VHF auf zwei Arten einen negativen Einfluss auf die Hämodynamik bei einer schweren Aortenstenose und sollte deshalb egal in welcher Phase der Anästhesie vermieden werden.
Die schwere pulmonale Hypertonie in der Anästhesie
Auch hier noch ein Link zur Episode 60
Auch diese Diagnose gehört zu den Ungemütlichsten in unserem OP-Alltag. Es geht einerseits darum eine schon vorbestehende erhöhte rechtsventrikuläre Nachlast nicht noch weiter zu erhöhen (leider geschieht genau dies bei einer positiven Druckbeatmung) und die Arbeitsbedingungen für den rechten Ventrikel so stabil wie möglich zu halten. Ein kurzer Exkurs zum rechten Ventrikel:
Niederdrucksystem und deshalb:
Wird in Systole und Diastole perfundiert
Sehr wenig Toleranz gegenüber hypotonen Phasen.
Dünne und schwache Muskulatur
Kann nicht mit akuter RV-Nachlast umgehen, RV-Schlagvolumen sinkt und LG-Performance / gesamte Hämodynamik geht in den Keller und somit auch die RV-Koronarperfusion was in einem Teufelskreis endet mit:
Koronare RV-Minderperfusion reduziert O2-Angebot bei sowieso schon erhöhtem O2-Bedarf.
Sara Crager hat in einer EMcrit-Folge einen grandiosen Podcast geliefert und darin 5 Massnahmen vorgeschlagen um bei einer schweren pulmonalen Hypertonie in der Dekompensation nicht direkt ins hämodynamische Messer zu laufen (bei uns perioperativ sind die Patienten zum Glück eher kompensiert):
Sauerstoffangebot für rechten Ventrikel optimal halten
O2-Gabe
CPAP/PEEP verhindert Atelektasen und verbessert dadurch einerseits die Oxygenation und andererseits wird dadurch eine pulmonale Vasokonstriktion reduziert, was wiederum die rechsventrikuläre Nachlast reduziert (Gesamtgefässquerschnitt wächst).
Katecholaminsupport mit Noradrenalin (oder Vasopressin) um Perfusionsdruck der Koronarien zu gewährleisten.
Euvolämie aufrechterhalten, Hypervolämie vermeiden.
Inhalative Vasodilatatoren (bei uns keine Variante)
Positivdruckbeatmung vermeiden (=den Patienten möglichst nicht intubieren).
In unserem Fall entwickelte die Patientin kurz nach der Einleitung eine ordentliche Tachykardie (mit zusätzlich schwindelerregenden hypertonen Werte), sodass der Einsatz von Amiodaron, Esmolol (sehr kurz wirksamer Betablocker) und im Verlauf Metoprolol nötig war (die Hilfe von 2 zusätzlichen Personen (ADu und Roman W.) war extrem wertvoll). Intraoperativ pendelte sich ein Norbedarf von 5-10 mcg/min ein, welcher nach der Ausleitung und auch auf der IPS nicht mehr vorhanden war.
Insgesamt war es ein sehr spannender auch auch fordernder Fall.
In diesem Sinne...
bis bald
Wichtig ist zudem, den peripheren Widerstand bei Einleitung aufrecht zu erhalten, damit die schwere Aortenstenose nicht "ins Leere pumpt" (Noradrenalin).
Falls die Gerinnung es zulässt (bei einer Patientin mit VHF und ggf. Antikoagulation womöglich nicht der Fall gewesen) lassen sich solche Cases auch mit neuraxialen Blockaden (SpA oder CSE) + laufendem Noradrenalin operieren, so würde man zumindest die Notwendigkeit von Beatmung/PEEP/Druckerhöhung im kleinen Kreislauf umgehen.
Neuraxiale Verfahren und Sympathikolyse erfordern zwingend medikamentöse Aufrechterhaltung des peripheren Gefässwiderstands.